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Die Korrekturen
Franzen, Jonathan
 

Die Korrekturen beginnt mit dem Einzug einer Kältefront aus der Prärie: "Es war deutlich zu spüren: Etwas Furchtbares würde geschehen. Die Sonne tief am Himmel, ein winziges Licht, ein erkaltender Stern. Windstoß auf Windstoß der Unordnung. Die Bäume rastlos, die Temperaturen fallend, die ganze nördliche Religion der Dinge: aufs Ende gerichtet."

Ebenso stürmisch wie sein Anfang wurde Jonathan Franzens Roman in den USA gefeiert. Kritiker überschlugen sich mit enthusiastischen Besprechungen; das Buch wurde mit dem National Book Award ausgezeichnet und die Tatsache, dass Franzen sich weigerte, in der Talkshow von Oprah Winfrey aufzutreten, sorgte zusätzlich für Gesprächsstoff. Seit Don DeLillos Unterwelt hat es in den USA nicht mehr so eine Aufregung um einen Roman gegeben. Auch hier zu Lande hat der Roman bereits vor seiner Übersetzung ins Deutsche viel Aufmerksamkeit erweckt. "Noch nie ist das Buch eines zuvor vollkommen unbekannten amerikanischen Autors in Deutschland so begierig erwartet worden", urteilte die Süddeutsche Zeitung.

Franzen erzählt die Geschichte der Familie Lambert aus dem Mittleren Westen. Im Zentrum steht die Frage, ob es Enid Lambert gelingt, ihre drei erwachsenen Kinder für ein "letztes Weihnachten" zurück nach St. Jude zu locken. Kapitel für Kapitel lernt der Leser das Leben und vor allem die Krisen der Eltern Enid und Alfred und ihrer drei Kinder Chip, Gary und Denise kennen. Alfred, pensionierter Ingenieur, leidet an Parkinson, seine Frau Enid unter ihrem Ordnungs- und Sparwahn, aber vor allem unter ihrem Mann. Der älteste Sohn Gary, erfolgreicher Banker in Philadelphia, steckt in einer Ehekrise und leugnet mit aller Macht seine Depressionen. Chip muss wegen einer Affäre mit einer Studentin seine Stelle als Literaturdozent aufgeben. Nachdem auch sein Versuch als Drehbuchautor gescheitert ist, findet er sich in Litauen wieder, wo er in einen groß angelegten Internet-Betrug verwickelt wird. Und Denise, die jüngste Tochter, verliert ihren Job als erfolgreiche Gourmet-Köchin, weil sie sich auf eine Affäre sowohl mit ihrem Chef als auch mit dessen Frau einlässt.

Es ist offensichtlich: Jeder der Lamberts ist auf seine Weise gescheitert. Dabei ist die junge Generation von ihrem Bemühen geprägt, die Lebensmodelle ihrer Eltern zu "korrigieren". Oder wie Gary es formuliert: "Sein ganzes Leben war so angelegt, dass es das Leben seines Vaters korrigierte" -- was ihm natürlich nicht gelingt. Am Ende steht doch nur die Wiederholung: die Familie als Schicksal.

Der Roman bewegt sich mit enormer Leichtigkeit durch die vielschichtigen Beziehungs- und Gefühlsgeflechte der Lamberts. Ihre Sorgen, Hoffnungen, Ängste und Neurosen sind sehr menschlich dargestellt, komisch und tief traurig zugleich. Teilweise gelingen Franzen dramatische Vignetten mit Sitcom-artiger Absurdität. Schnelle Dialoge und Wechsel der Perspektive erzeugen eine szenische Dynamik, die den Leser im Strom der Erzählung mitreißt. Viele dieser Szenen haben hohen Wiedererkennungswert. Unweigerlich werden sich manchen Lesern Parallelen zur eigenen Familie aufdrängen.

Aber Franzen hat mehr als die Geschichte einer Familie geschrieben. Indem er das persönliche Drama mit globalen Ereignissen verknüpft, ist ihm ein großer Gesellschaftsroman gelungen, der seine Leser so schnell nicht mehr loslässt. Großartige, intelligente Erzählliteratur! --Alexandra Plath

Kurzbeschreibung
Dieser Familienroman, in Amerika als Sensation gefeiert und millionenfach verkauft, ist eine Fundgrube an Geschichten. Jonathan Franzen erzählt in seinem witzigen und zugleich traurigen, geradezu süchtig machenden Gesellschaftsroman von den Bemühungen einer neuen Generation, die Lebensmodelle ihrer Eltern zu „korrigieren“. Er hat damit ein Werk der Weltliteratur geschaffen, das seiner Menschlichkeit, vor allem aber seiner literarischen Reichtümer wegen aus unseren Regalen bald nicht mehr wegzudenken ist.

Über den Autor
Jonathan Franzen, geboren 1959, wuchs in Missouri auf. Er studierte in den USA und in Deutschland. Nach seinen ersten beiden Romanen wurde Franzen vom „New Yorker“ auf die Liste der wichtigsten Schriftsteller des 21. Jahrhunderts gesetzt. Für seinen neuen Roman „The Corrections“ erhielt Franzen den National Book Award. Franzen schreibt für den „New Yorker“ und „Harpers Magazin“.




 
Rowohlt Verlag, ISBN: 3-498-02086-2, 736 Seiten

 
24,90 EUR


Die weinende Susannah
Kimhi, Alona
 
LESEPROBE:

Mein Herz war sich der körperlichen Nähe des Besuchs bewusst und raste - wie der Trommelwirbel im Zirkus, der die Gefährlichkeit des bevorstehenden Kunststücks ankündigt. Tarararam! Babababam! Der schnauzbärtige Dompteur in Samthosen steckt seinen Kopf ins Maul des Löwen. Nackt und aufgewühlt legte ich mich auf die Decke und versuchte krampfhaft, mich zu beruhigen, indem ich der Berührung meines Körpers mit der warmen nächtlichen Augustluft nachspürte. Ich winkelte die Arme an und faltete die Hände über meinen Beckenknochen, die hervorstachen wie Haifischflossen.
"Weißt du, wo wir hätten leben sollen, du und ich?"
Der Besuch interessierte sich nicht im mindesten für meine Nacktheit und fuhr fort zu reden, als würde er einen Gedanken weiterspinnen, den er bisher für sich behalten hatte.
"Wo denn?"
"In Alexandria. Um die Jahrhundertwende. Ich hab mal so ein Buch gelesen, faszinierend. Wir hätten Bruder und Schwester sein sollen, die zusammen auf Reisen gehen. Wahrscheinlich Engländer. Gut betucht, aber nicht übermäßig reich. Zu reich wäre vulgär. Wir hätten in einem luxuriösen Apartmenthotel gewohnt, mit stummen sudanesischen Dienern in weißen Kutten. Du hättest gemalt, und ich hätte Reiseberichte verfasst. Nachts wären wir durch die Stadt spaziert, hätten Haschisch geraucht und zwielichtige Clubs aufgesucht - extra für dekadente Europäer wie uns. Wir wären bei den eingesessenen Nabobs zu Partys eingeladen worden. Hätten unsere Affären gehabt. Und morgens hätten wir zusammen auf dem Dach Tee getrunken. Na, was meinst du? Kennst du eine Epoche, die besser zu deiner destruktiven Persönlichkeit passt?"
Ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte. Da fiel mir die Dokumentation über die Entstehung des Universums ein, die kürzlich im Discovery Channel wiederholt worden war.
"Ich würde gern im prähistorischen Sumpf leben, als das menschliche Leben im Entstehen begriffen war."
Der Besuch drehte sich wieder zu mir um und legte sich, den Blick starr in den Himmel gerichtet, neben mir auf den Rücken.
"Klingt interessant, auch wenn's da wahrscheinlich gestunken hat wie die Pest."
Dass meine körperliche Präsenz ihn kalt ließ, empfand ich als stechende Beleidigung, um das mindeste zu sagen. Was hatte ich denn anderes erwartet? Dass er wie ein Latin lover über mich herfallen würde? Süße, perverse Sachen mit mir machte wie ein raffinierter Franzose? Dass er angesichts meiner Nähe erbeben würde wie ein Pennäler? Ich musste wohl sehr abstoßend sein. Dabei sollen Männer, nach allem, was ich gehört und gelesen habe, einer nackten Frau angeblich absolut nicht widerstehen können, und wenn sie noch so hässlich ist. Lügen über Lügen.
Ich drehte mich auf die Seite, stützte mich auf den Ellbogen und heftete den Blick auf das ruhige Gesicht des Besuchs, der auf dem Rücken neben mir lag. Meine Nacktheit war mir nicht mehr peinlich, sie war unerheblich, inhaltlos wie ein leerer Pappkarton. Die Nacktheit einer überdimensionalen, missgestalteten Plastikpuppe.
"Naor."
"Was, Süße?", murmelte er, ohne mich anzusehen. Schlaff und entspannt wie er war, kam seine Stimme nur als Flüs-
tern.
"Ich möchte dich was fragen."
Er nickte und schloss die Augen.
"Meinst du, dass sich mal irgendwer zu mir hingezogen fühlen könnte, ich meine, jemand, der normal ist?"
"Was ist das denn für eine Frage?"
Die Gereiztheit, die in seiner Stimme mitschwang, verhieß nichts Gutes. Er wälzte sich auf die Seite und nahm die gleiche Haltung ein wie ich, nur spiegelverkehrt. So lagen wir einander Auge in Auge gegenüber, wie zwei griechische Philosophen, die sich friedlich in der Abenddämmerung unterhielten. Nur dass der eine Philosoph dumme Fragen stellte und der andere sauer war.
"Ich..."
Ich hätte nur zu gern auf das Herumgestotter verzichtet und frei von der Leber weg gesagt, was ich zu sagen hatte, auch wenn es noch so schwer für mich war, es auszusprechen.
"Ich weiß nun mal... das heißt, ich finde... dass ich abstoßend bin. Ziemlich... Sehr... abstoßend. Und... du hast doch Erfahrung und... kennst dich aus... Und da hab ich... da hab ich gedacht, vielleicht... könntest du's mir sagen."
So. Jetzt war's raus. Ich atmete erleichtert auf.
"Was willst du jetzt von mir hören? Soll ich dir Komplimente machen? Dich bemitleiden? Dir widersprechen, dir deine Empfindung ausreden? Hm?"
Ich spürte, dass ich rot wurde. Genau das hatte ich befürchtet. Jetzt war er sauer auf mich, und zu Recht. Meine Frage musste sich wie pure Heuchelei angehört haben. Wie sollte ich ihn von der Aufrichtigkeit meines Anliegens überzeugen?
"Ich will kein Mitleid von dir. Ich will nur, dass du mir offen und ehrlich sagst, was du denkst."
Der bescheidene Kleinmut half mir nichts. Die Segel des Besuchs blähten sich kampflustig.
"Was denkst du dir denn? Dass nur attraktive Leute vögeln, sich verlieben, Kinder kriegen? Bist du total bescheuert? Du weißt doch, dass das purer Unfug ist. Das ist so selbstverständlich, dass es mir schade ist um die Energie, hier noch länger rumzutexten."
Ich nickte beschämt.
Natürlich war dies die längst bekannte Antwort auf meine Frage. Aber so hatte ich sie nicht gemeint. Wie zum Teufel sollte ich ihm begreiflich machen, was ich meinte? Ich konnte nur hoffen, dass auf einer irgendwie höheren Ebene eine differenziertere Verständigung möglich wäre. Das Bedürfnis, verstanden zu werden, ist ja so schwer zu befriedigen. Und so trügerisch! Verlockender noch als die Liebe, als das Glück, als
der geschmeidige Luxuskörper des Besuchs. Und doch wird man am Ende falsch verstanden und bleibt auf seinem innigen Wunsch sitzen - trotz aller Kommunikationsakrobatik, die man vollführt hat. Ich wusste das.



 
Carl Hanser, ISBN: 3-446-20214-5, 448 Seiten

 
24,90 EUR


Der Schwimmer
Bank, Zsuzsa
 
Kurzbeschreibung
Ungarn 1956: Die Panzer rollen, der Aufstand schlägt fehl, die Hoffnung scheitert, dass die Welt eine andere hätte werden können. Ohne ein Wort verlässt Katalin ihre Familie und flüchtet über die Grenze in den Westen. Ihr Mann Kálmán verkauft Haus und Hof und zieht fortan mit den Kindern Kata und Isti durch das Land.
Während Kálmán in Schwermut verfällt, errichten sich Kata und ihr kleiner Bruder Isti ihre eigene Welt: Isti hört, was die Dinge zu erzählen haben - das Haus, die Steine, die Pflanzen, der Schnee -, während Kata den Geschichten der Menschen zuhört, denen sie auf ihrer jahrelangen Reise begegnet. Der genaue Blick der Kinder trifft auf eine Welt, die sie nicht verstehen. Nur wenn sie am Wasser sind, an Flüssen, an Seen, wenn sie dem Vater zusehen, wie er seine weiten Bahnen zieht und wenn sie selber schwimmen - nur dann finden sie verzauberte Momente der Leichtigkeit und des Glücks. Beide ahnen, dass ihr Leben erst beginnt.

 
S. Fischer Verlag, ISBN: 3-10-005220-X, 288 Seiten

 
18,90 EUR


Schachmatt
Carter, Stephen
 
Stephen L. Carter:
Schachmatt - Roman

Der große amerikanische Roman als Thriller der Extraklasse

Ein mysteriöser Tod. Ein brisantes Vermächtnis. Und das Rätsel des »Double Excelsior«.

Mit der Raffinesse eines Schachspiels, bei dem nur ein Zug auf den anderen folgen kann, führt Stephen Carter seine Leser durch einen Plot voller Intrigen, Fragen und Fallstricke bis zum überraschenden Ende.

Ein atemberaubender Thriller mit den literarischen Qualitäten des großen amerikanischen Romans.

 
Paul List Verlag, ISBN: 3-471-7725-1, 800 Seiten

 
24,- EUR


Ein perfekter Freund
Suter, Martin
 

Suters neuer Roman ist spannend wie ein Krimi und ein genial komponiertes Verwirrstück um den Journalisten Fabio Rossi, der mit einem Blackout von fünfzig Tagen im Krankenhaus erwacht. Die Frau an seinem Bett ist angeblich seine Freundin, mit der er schon seit Wochen zusammen ist.
Fabio kann sich jedoch nur an Norina erinnern, doch die will nichts mehr von ihm wissen.

Überhaupt hat sich sein ganzes Umfeld verändert - vertraute Personen verhalten sich ihm gegenüber abweisend, weitläufig Bekannte zählen plötzlich zu seinem engsten Freundeskreis.

Mit Hilfe seiner letzten Aufzeichnungen und eines Tagebuches, sowie den Aussagen einiger weniger noch verbliebenen alten Freunde versucht Fabio, die ihm fehlenden Tage zu rekonstruieren.

Er war Reporter beim Sonntag-Morgen und angeblich an einer „ ganz großen Sache“ drangewesen. Wieso sind seine Aufzeichnungen verschwunden und seine Dateien gelöscht? Was versucht sein bester Freund Lucas vor ihm zu verbergen? Und warum verweigert ihm Norina ein Gespräch?

Wie in seinem Romanerstling „Small World“ geht Martin Suter auch hier wieder gekonnt mit dem Thema eigene und fremdbestimmte Realität um.


 
Diogenes Verlag AG, ISBN: 3-257-06306-7, 352 Seiten

 
19,90 EUR


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